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M. Totengedenken vorherige Seite nächste Seite
Sterben und Tod - die Beschäftigung mit dieser Thematik ist für den Menschen seit jeher notwendig und unausweichlich: Als denkendes Wesen weiß er um die Unvermeidbarkeit des eigenen Todes, als soziales Wesen erlebt er das Sterben Anderer. Die dem mittelalterlichen Wort "Mors certa, hora incerta" (Der Tod ist sicher, die Stunde ungewiss) innewohnende Spannung verweist geradezu auf eine anthropologische Grundlage unseres Daseins. Wie jede Religion liefert auch das Christentum eine Deutung des Todes; vielfach bildet sich Religion erst in der Auseinandersetzung mit dem Tode heraus.

In diesem Zusammenhang ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele der frühen Zeugnisse für die Existenz des Christentums im Rheinland dem thematischen Umfeld des Totengedenkens entstammen. Es handelt sich dabei um Gräber und Grabinschriften der Spätantike, die im Umkreis römischer Siedlungsplätze und Städte gefunden wurden. Dass die Grabsteine christliche Gräber bezeichneten, verraten uns die Texte oder christlichen Symbole der Inschriften.

In Fortführung und Weiterentwicklung des frühchristlichen Totenkultes kannte auch das Mittelalter die Sorge um den Tod, die in jeder Kirche ablesbar ist: Glasfenster, Tafelgemälde, kirchliches Gerät, Paramente und weitere Kirchenausstattung bis hin zu vollständigen Kapellen sowie viele der überlieferten Schriftquellen zeugen nicht nur von einer tiefen Religiosität, sondern auch von dem Versuch, den Tod und die Angst vor der ewigen Verdammnis durch fromme Stiftungen zu bewältigen. Vielfache Mühen, auch wirtschaftlicher Art, wurden zur Sicherung und Durchführung des Gedenkens an die Verstorbenen in Gebet und Liturgie aufgewendet. Da der deutsche Begriff "Gedenken" in mancherlei Hinsicht zu wenig umfassend ist, spricht man gerne auch von der "memoria" (lat. für "Gedenken, Erinnerung", in der Fachsprache "Memorie"). Damit ist mehr gemeint als eine lediglich "kognitive und emotionale Erinnerung"; die kommemorierten Toten werden als anwesend und gegenwärtig gedacht, es entsteht die "Gegenwart der Toten" (Otto Gerhard Oexle), vor allem vermittels des Aussprechens der Namen. Durch die Memorie werden Tod und Vergessen überwunden.

Neben mehr oder weniger spektakulären Einzelstiftungen, die letztlich dem Totengedenken des Stifters dienen, und dem bis heute üblichen kumulativen Totengedenken am Allerseelentag (2. November) kam bereits im frühen Mittelalter das individuelle liturgische Gedenken auf, bei dem der Verstorbenen zumeist am jeweiligen Todestag gedacht wurde. Zeugnisse dieser Art der Memorialkultur sind zahlreiche Totenbücher und -kalender, deren ältesten Exemplare der Karolingerzeit entstammen. Sie wurden erst im 19. Jahrhundert allmählich vom Stiftungsverzeichnis moderner Prägung abgelöst. Spätestens seit dem Hochmittelalter wurden in einem Totenbuch anhand eines Festkalenderschemas die Namen der Verstorbenen verzeichnet, deren liturgisches Gedenken die jeweilige kirchliche Institution übernommen hatte. Die meisten Kirchen des Mittelalters haben ein solches Totenbuch angelegt und geführt - alleine aus den Kölner Kirchen konnten mehr als 150 Exemplare aus der Zeit zwischen 800 und 1800 nachgewiesen werden. vorherige Seite nächste Seite

Kalvarienberg der Familie von dem Wasservass, unbek. Kölner Meister,
um 1425/30.




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