Es gibt heute wohl kaum eine andere Institution, die wie die
Kirche für sich ein kontinuierliches Fortbestehen über
2000 Jahre hinweg in Anspruch nehmen kann. Kontinuität,
Wandel in der Kontinuität, vor allem aber auch Kontinuität
trotz folgenreicher Brüche in der politischen Geschichte
lassen sich vortrefflich am Beispiel des Erzbistums Köln
zeigen. Dessen räumliche Ausdehnung mag auf den ersten
Blick als zufällig erscheinen. Bei näherer Betrachtung
werden die derzeitigen Grenzen des Erzbistums Köln aber
ebenso wie sein Rang in der Weltkirche als Ergebnisse eines
viele Jahrhunderte umfassenden historischen Prozesses verständlich.
Für die innerhalb der Diözesangrenzen lebenden Gläubigen
war der vom Erzbistum Köln vorgegebene organisatorische
und verwaltungsmäßige Rahmen zu allen Zeiten von
großer Bedeutung: In diesem Sprengel manifestiert sich
"Kölner Ortskirche", konkretisiert durch das
Lehr-, Hirten- und Weiheamt des Erzbischofs als Ordinarius einerseits
und den gelebten Glauben der Christen andererseits. Für
alle Betroffenen war und ist die Diözese in hohem Maße
identitätsstiftend.
Jahrhundertelang ging die Bindung eines großen Teiles
der Kölner Diözesanen an ihren Erzbischof aber noch
sehr viel weiter. In dem sog. Erzstift, dem weltlichen Territorium
der Kölner Erzbischöfe (Kurköln), dessen rheinischer
Teil sich mit "Flatterrändern", Exklaven und
Enklaven in einem langen Schlauch vom Niederrhein bis zum Mittelrhein
und zur Mosel erstreckte, waren die Kölner Erzbischöfe
vom 10. Jahrhundert bis zum Ende des Alten Reiches (1806) nämlich
auch Landesherren. Es ist wichtig, das Erzbistum Köln von
dem Kurstaat, zu dem auch das Vest Recklinghausen und das kölnische
Westfalen gehörten, zu unterscheiden. Im Vergleich zur
kirchlichen Diözese machte das weltliche Erzstift lange
Zeit nur ein Drittel der Fläche aus; es ist im Folgenden
mit zu behandeln, weil es bis 1801 in erheblichem Maße
die Kräfte der Erzbischöfe in Anspruch nahm und diese
als Regenten des Kurstaates in das politische Handeln und Geschehen
der jeweiligen Zeit verstrickte.