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E2
Kirchlicher Kampf gegen die geheime Ehe - 1648
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Das
mittelalterliche Eherecht erlaubte lange Zeit Eheschließungen
allein durch den formlosen Konsens der Ehewilligen. Verlöbnisse
hatten bindenden Charakter; heimliche Ehen waren möglich. Seit
1215 schrieb die Kirche die öffentliche Eheschließung
vor Pfarrer und Zeugen mit vorausgehendem Aufgebot vor, konnte aber
die jahrhundertelange Rechtspraxis nicht einfach aus der Welt schaffen.
Man hatte die heimlich, ohne gesellschaftlichen und kirchlichen
Konsens zustande gekommene Ehe zwar verboten und unter Strafe gestellt,
sie aber des sakramentalen Charakters der Ehe wegen anerkannt -
um den Preis latenter Rechtsunsicherheit für Ehen und Familien:
Gesellschaftliches Interesse nach Transparenz konnte so gegen kirchliches
Interesse nach Schutz letztlich auch der geheimen Ehen stehen; diese
Form der Eheverbindung schuf in Bezug auf zwangsweise Trennung von
Familien einerseits oder parallel bestehende feste Partnerschaftsverhältnisse
andererseits oft schwere menschliche Probleme. Erst im Reformbemühen
des Konzils von Trient gelang durch ein strenges Verbot der heimlichen
Ehe (clandestina matrimonia) die Lösung. Den Pfarrern im Erzbistum
wurde es immer wieder eingeschärft; sie sollten niemanden trauen,
für den sie nicht zuständig waren. Im vorliegenden Beispiel
bezeugt der Pfarrer von Wichterich die öffentliche Bekanntgabe
des über 100 Jahre zuvor erlassenen Dekretes vor den Gläubigen
in der Kirche.
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Ausgefülltes Promulgations-Formblatt, lat., v. 12. Juni
1648 - AEK, Dec. Tolp., Gen. 3.
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