|
D.
Gottesdienst und Altarsakrament
|
|
Die Formen von Gottesdiensten, in denen das Altarsakrament verehrt
wird, die Gestalt der Messliturgie selber, aber auch die "Umgebung"
des liturgischen Handelns wie der Kirchenraum und seine Einrichtung
haben sich im Laufe der Zeiten stark gewandelt. Der Ursprung jeder
Liturgiefeier liegt in der Einsetzung des Altarsakraments durch
Jesus Christus beim letzten Abendmahl. Heute wird die Eucharistie
ganz selbstverständlich als Quelle und Höhepunkt des ganzen
christlichen Lebens bezeichnet, wie es das Zweite Vatikanische Konzil
formulierte. Bis dahin allerdings sah man beginnend im Früh-
und Hochmittelalter als Träger des Geschehens nicht die Gemeinde,
sondern den Priester. Der Standort des Altars wurde an die Rückseite
des Altarraums verschoben, so dass der Abstand zur Gemeinde sehr
groß wurde. Den Altartisch selber schmückte man mit Kerzen
und seit dem 13. Jahrhundert mit einem Kruzifix. Die im Spätmittelalter
aufkommenden prachtvollen und emporstrebenden Altarbilder unterstrichen
optisch den Ort der Konsekration, jedoch wurde die Gemeinde mehr
und mehr vom Priester und seinem Tun abgeschottet. Der Altarraum
wurde nun beispielsweise durch Lettner oder Bildwände von den
Blicken des Volkes abgetrennt. Seit dem Hochmittelalter stand der
Priester grundsätzlich alleine am Altar, mit dem Rücken
zum Volk gewandt. Das Volk konnte dem nun still gebeteten Kanon
nicht mehr folgen. Die leibliche Kommunion wurde für das Volk
an Bedeutung durch die "geistige" überholt; das bloße
Ansehen der Hostie bei dem seit dem 12. Jahrhundert praktizierten
Emporheben der Hostie (elevatio) in der Wandlung - durch Schellen
und Läuten angekündigt - wurde als ausreichend wirksame
Teilnahme am eucharistischen Geschehen angesehen, demgegenüber
erschien der Rest der Messe nun als geradezu unwichtig. Der Altar
wurde zum Ort für die Aufbewahrung der Hostien - z. B. für
die Krankenkommunion -, bis hin zum Altartabernakel, wie er vom
14. Jahrhundert an aufkam. Die Verehrung der Eucharistie wurde nun
auch außerhalb der Messfeier vollzogen, vor allem in Prozessionen,
in denen die Hostie zunächst verhüllt, dann seit dem 14.
Jahrhundert in einem Schaugefäß, der Monstranz, mitgetragen
wurde; wesentliche Bedeutung hatte dabei das im Jahrhundert zuvor
in Lüttich aufgekommene Fest des allerheiligsten Sakraments
(Fronleichnam). Derlei Prozessionen haben ebenso wie Andachten mit
volkstümlichen Gesängen und Gebeten außerhalb der
offiziellen Messliturgie als Veranschaulichung und Demonstration
des gemeinsamen Bekenntnisses ihre höchste Entfaltung während
der Barockzeit erfahren.Grandiose Prachtentfaltung, etwa in den
Kirchenausstattungen und Paramenten, zeichnete die Liturgie in dieser
Zeit aus. Im Erzbistum Köln war sie ähnlich wie auch in
anderen Regionen seit dem Mittelalter nach eigener, wenngleich nicht
genuin kölnischer Form gefeiert worden, die zusammengefasst
im Missale Coloniense vorlag. Erst das Trienter Konzil verordnete
im Zuge der Vereinheitlichung der Liturgie die Feier nach dem Römischen
Missale, das sich seit 1570 nach und nach durchsetzte. Doch durfte
die Kölner Form der Liturgie wegen ihrer langen Tradition parallel
dazu noch bis ins 19. Jahrhundert praktiziert werden.Der Empfang
der Kommunion, die zunehmend vor allem außerhalb der eigentlichen
Messe gespendet wurde, galt lange als etwas Außergewöhnliches.
Nur einmal jährlich, in der Osterzeit, war er vorgeschrieben
und wurde durch das Austeilen und Einsammeln von Kommunionzetteln
überwacht. Erst eine Initiative Papst Pius' X., in der der
häufige Kommunionempfang empfohlen wurde, hat Anfang des 20.
Jahrhunderts geradezu eine "pastorale Wende" (Eduard Hegel)
herbeigeführt. In dieser Zeit wurde auch der Empfang der Erstkommunion
vom 10./12. Lebensjahr auf das 7./10. Lebensjahr vorgezogen. Vor
dem Hintergrund der Einführung der Schulpflicht wurde diese
nun jahrgangsweise im 4., später 3. Schuljahr erteilt.Erst
das 20. Jahrhundert führte - in Deutschland bereits lange vor
dem Konzil durch die Liturgische Bewegung und die Jugendbewegung
gefördert - unter Berufung auf die Urkirche wieder zur Betonung
liturgischer Gemeinschaftsformen in der Messe und zum weitgehenden
Durchbruch der deutschen Sprache in der dabei vorgetragenen Kirchenmusik.
Deutsche Kirchenlieder hatten zunächst im 17. und 18. Jahrhundert
außerhalb der Messe Verbreitung durch die Jesuiten gefunden.
Der in Köln schon in der Aufklärung kurze Zeit vom Erzbischof
geförderte Einzug der Muttersprache in die Messe etwa in Form
des Deutschen Hochamtes konnte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg
nach und nach durchsetzen.
Nach
den Zweiten Vatikanischen Konzil hat sich binnen kürzester
Zeit die ursprüngliche Zelebrationsrichtung zum Volk hin
wieder durchgesetzt, was u. a. erhebliche Auswirkungen auf die
Gestaltung der Kirchen hatte und hat. Die muttersprachliche Messe
wurde zum Regelfall und neue liturgische Formen haben in die Gemeinden
Einzug gehalten. Vor dem Hintergrund der Glaubens- und Autoritätskrise
der Nachkonzilszeit hat man der Liturgiereform vielfach den Vorwurf
gemacht, sie habe gerade durch die Relativierung bis dahin als
genuin katholisch angesehener Ausdrucksformen eine gefährliche
Aushöhlung des Katholisch-Kirchlichen mit sich gebracht.
Dabei wird freilich oft die Bedeutung der Anziehungskraft der
traditionellen Liturgie für die Stärke des Katholizismus
überschätzt, etwa im Vergleich zu den neuzeitlichen
Faktoren der Säkularisierung der Gesellschaft.
|
|
|